Derzeit stehen viele vor der Herausforderung Homeoffice. Besonders für Paare oftmals eine Bestands- und Nervenprobe. Vor allem, wenn man sich zu zweit ein Büro teilt. Wer telefoniert wann, wie laufen die Pausen ab und wann ist dann eigentlich Paar-Zeit? In diesem sehr persönlichen Artikel teile ich meine Erfahrungen aus 8 Jahren Beziehung gemeinsam im 15m² Homeoffice.
Fast jedes Mal, wenn ich erzähle, dass mein Freund, Tom, und ich beide im Homeoffice arbeiten und uns auch noch das Büro teilen, werde ich schief angeschaut. „Das ist der Tod für jede Beziehung“ oder „Was? Wie funktioniert denn das?“ oder „Geht ihr euch denn nicht auf die Nerven?“. Das sind nur einige der Aussagen, die wir zu dieser Situation regelmäßig kommen… Aber bevor ich dir ein paar Tipps gebe, die für uns funktionieren, lass mich dir kurz erzählen, wie es dazu kam.
Let’s go back a bit – die Anfänge unseres Homeoffice
Mein Freund und ich sind beide selbstständig. Als wir 2012 zusammengekommen sind, war ich gerade frisch von meiner letzten Anstellung weg und er hatte eine eigene Firma in Vietnam, die mitten in einer Krise steckte. Ich begann meine Ausbildung zur Grafikerin über ein Fernstudium, denn so konnte ich die Zeit bei ihm verbringen und war nicht mehr an den Ort oder die Uni gebunden. Das alles war übrigens noch bevor in den Sozialen Medien groß von digitalen Nomaden oder Online-Business die Rede war.
So kam es also, dass ich meinen Laptop und meine Ausbildungsunterlagen einpackte und mich auf den Weg nach Süd-Ost Asien machte. Da sein Büro zu dieser Zeit geschlossen war und er auch von zuhause arbeitete waren wir also bereits seit Anfang unserer Beziehung gemeinsam im Homeoffice. Und ja, tatsächlich im selben Raum. Wir haben den Esstisch zum Büro umfunktioniert, haben Monitore aus dem Büro geholt und saßen so nebeneinander.
Wie es weiterging – Homeoffice im Haus
Nach einem halben Jahr war es für Tom klar. Er möchte Vietnam verlassen und in Österreich wieder Fuß fassen. Also haben wir alles eingepackt und sind nach Österreich zurück-übersiedelt. Also er zumindest. Ich war ja „nur“ auf Besuch, hatte also die meisten meiner Sachen sowieso in Österreich.
Dann gings erstmal ans Haus umbauen. Wir haben sein Elternhaus – gegenüber meinem Elternhause, denn ja, wir kennen uns seit wir klein sind – umgebaut und uns einen 15m² Raum als Office eingeplant.
So sitzen wir also seit 2013 tagein tagaus gemeinsam in unserem Office. Wir haben 2 große Schreibtische, jeder Regale, Pflanzen, eben alles, was ein Büro so braucht. Wir teilen uns auch einen Drucker, der auch meistens funktioniert 😉
Wie das mit dem Homeoffice funktioniert
Jetzt ist es an der Zeit meine Tipps zu teilen, denn ich weiß, dass viele gerade Schwierigkeiten haben und streiten, weil sie plötzlich gemeinsam im Homeoffice sind. Hier also meine Guidelines für ein liebevolles Miteinander als Paar im Homeoffice.
1. Arbeitszeit und Beziehungszeit
Im gemeinsamen Homeoffice ist es wichtig klare Grenzen zu setzen. Während der Arbeitszeit ist eben diese: Arbeitszeit. Beziehungszeit kommt danach.
2. Gemeinsame Pausen
einer der Vorteile am gemeinsamen Homeoffice ist, dass ihr gemeinsam Pause machen könnt. Wir kochen und essen gemeinsam. Somit konzentrieren wir uns auch auf das Essen, sitzen nicht vor dem PC und essen nebenbei. So kann sich auch das Hirn kurz erholen und wir haben die Möglichkeit unseren Vormittag zu besprechen und uns auszutauschen, was in der Arbeit so „passiert“ ist.
Frei nach „täglich grüßt das Murmeltier“ sprechen wir uns auch immer ab, was wir kochen und essen werden.
3. Absprechen über Arbeitszeiten und gemeinsames Beenden der Arbeitszeit
Wir haben keine immer gültigen fixen Arbeitszeiten. Die variieren bei uns beiden stark nach der Länge der ToDo Liste. Daher sprechen wir uns auch täglich ab, wie lange jeder von uns arbeitet, wann wir kochen (ja, das habe ich schon erwähnt, aber Essen ist einfach wichtig 😊 ), den Haushalt machen, einkaufen, Sport machen usw.
Auch das „Schließen“ des Büros ist eine wichtige Angewohnheit im Homeoffice. Denn somit wird die Arbeitszeit gefühlsmäßig beendet und ist auch emotional für den Tag abgeschlossen. Das hilft besonders in stressigen Zeiten die Arbeit nicht „mit nach Hause“ zu nehmen 😉
Wie bereits beschrieben sprechen wir uns ab, wie lange an dem Tag gearbeitet wird. Sobald wir beide fertig sind, hören wir gemeinsam auf und schließen das Büro für den Tag.
4. Stille Phasen im Homeoffice
Du möchtest die nächsten Stunden nicht angesprochen werden, um in deinen konzentrierten Arbeitstunnel zu verschwinden? Kommuniziere das klar und deutlich, um deinem Partner zu verstehen zu geben, dass du für die nächsten Stunden nicht ansprechbar bist – absolute Notfälle mal ausgenommen 😉
Ich brauche solche Phasen zum Beispiel beim Schreiben von Blogartikeln oder beim Entwerfen von Logos (ganz im Anfangsstadium bei den Entwürfen).
5. Meetings und Telefonate
Ihr habt Meetings oder Telefonate? Sprecht euch untereinander ab und stimmt die Zeiten ab. Wenn möglich könnt ihr für längere Gespräche auch Raum wechseln. Ich zum Beispiel sitze bei Mastermindrunden oder Coaching Calls gerne mal am Esstisch.
Versucht auch private Telefonate kurz zu halten, oder auch hier den Raum zu wechseln, um den Partner nicht aus der Arbeit zu reißen.
6. Game-Changer: Kopfhörer
Für mich waren und sind meine großen Kopfhörer ein absoluter Game-Changer. Tom hat viele Meetings und sitzt oft den ganzen Tag am Telefon. Mit Kopfhörern und Musik im Ohr ist das jetzt gar kein Problem mehr. Ein weiterer Vorteil von solchen Kopfhörern ist, dass ich leichter in meinen Arbeitstunnel komme, weil ich auch keine sonstigen Umgebungsgeräusche mehr wahrnehme. Super für konzentriertes Arbeiten.
Sollte ich dennoch mal absolute Ruhe brauchen zum Arbeiten, weiche ich auf den Esstisch aus, oder erfrage, wie lange das Meeting dauert. Je nach Dringlichkeit des Meetings oder der stillefordernden Aufgabe sprechen wir uns ab, wer den Raum verlässt.
7. Musikalische Untermalung
Menschen ticken sehr unterschiedlich und jeder braucht andere Rahmenbedienungen, um sich konzentrieren zu können. Ich arbeite meistens mit Musik. Am Nachmittag gerne auch mal mit lauter Musik. Allerdings höre ich die nur außerhalb meiner Kopfhörer, wenn es für Tom auch ok ist. Und: es wird nur Musik gespielt, die wir beide mögen. Zum Glück sind wir uns da meistens einig.
8. Klingeltöne und Benachrichtigungen
Beim konzentrierten Arbeiten kann es sehr stören, wenn ständig ein Handy bimmelt. Auch, wenn keine Anrufe reinkommen, sondern SMS, Mails, WhatsApps und so weiter. Tut euch gegenseitig den Gefallen und stellt eure Handys auf Stumm – oder zumindest so, dass sie nicht alle paar Minuten einen Ton von sich geben.
9. Gemeinsamer Haushalt
Unser Zuhause – unser Büro – unser Haushalt. Ja. Wir teilen uns auch den Haushalt 50:50. Alles. Während einer kocht, räumt der andere die Küche auf, bringt den Müll raus usw. Wir arbeiten beide zuhause, also haben wir auch beide die Möglichkeit zwischendurch mal die Waschmaschine einzuräumen, oder andere kurze Tätigkeiten zu erledigen. Wieso sollte diese Last auch nur auf einem von uns ruhen?!
10. Respekt und Vertrauen
Ein Punkt, den ich besonders wichtig finde, ist die Arbeit gegenseitig zu respektieren. Beide sind gleichwertig und gleich wichtig. Somit ergibt es sich auch, dass mal der eine, mal die andere das Zimmer verlässt, wenn es Telefonate gibt oder zum Beispiel der Postler klingelt.
11. Jeder hat seinen Bereich
… und sein Chaos. Ist der andere Tisch zu chaotisch oder zu aufgeräumt? Deal with it. That’s life. Jeder ist für seinen eigenen Arbeitsbereich selbst zuständig und verantwortlich. Auch was das Aufräumen angeht. Ich zum Beispiel räume immer gerne nach Projektabschluss auf. Dazwischen herrscht gerne mal Zettelchaos auf meinem Tisch. So what?
Natürlich gehe ich hier davon aus, dass beide eine ähnliche Hemmschwelle für Chaos haben, was bei uns der Fall ist. Wenn das stark voneinander abweicht, kann ich gemeinsame Aufräumtage empfehlen.
12. Manchmal tut Abstand auch gut
Ich mache hin und wieder auch gerne Gebrauch von meinem ortsunabhängigen Business und „wandere aus“ in den Garten, unser Esszimmer oder die Couch. Das tut mir selbst gut und schafft in meinem Hirn für frischen Wind. Dennoch geht das nicht immer, da ich meinen großen Monitor halt schon auch gernhabe und auf meinem Schreibtischsessel einfach besser sitze.
13. Aktives Zeitverbringen
Gerade, weil wir den ganzen Tag miteinander verbringen ist es uns wichtig, außerhalb der Arbeitszeit auch aktiv Zeit füreinander zu haben und nehmen und als Paar Zeit miteinander zu verbringen. Ob das ein Date im Restaurant, ein Filmabend auf der Couch oder ein Spaziergang in der Natur ist, hängt ganz von Lust und Laune ab. Aber die Betonung liegt hier auf aktiv und miteinander. Also aktiv im Sinne von Zeitnehmen und nicht einfach Zeit verbringen, weil wir eben miteinander wohnen und gerade niemand sonst Zeit hat.
14. Wochenende
Bei zwei Selbstständigen kann die Sache mit den Wochenendschichten schonmal ausarten, denn zu tun gibt es immer etwas. Trotzdem ist unser Wochenende grundsätzlich arbeitsfreie Zeit. Und wenn doch mal ein Projekt nicht warten kann, dann gilt bei uns Folgendes: Arbeiten am Wochenende ist ok, aber nur, wenn es keine gemeinsamen Pläne über den Haufen wirft, oder den Tag bestimmt. Also richtet sich am Wochenende die Arbeit nach allem anderen und nicht umgekehrt.
15. Beziehung ist keine Mastermind
Gerade als Einzelunternehmerin im gemeinsamen Office bin ich manchmal schnell mal dazu verleitet meinen Partner um seine Meinung zu bitten. Sei es ein schwieriger Kunde, ein herausforderndes Projekt oder eine neue Idee.
Dabei ist es aber wichtig darauf zu achten, dass er erstens nicht meine Zielgruppe ist und zweitens auch ganz andere Arbeitsweisen hat. Eine Mastermind mit gleichgesinnten Unternehmerinnen hilft mir dabei. Denn dort kann ich Fragen stellen und bekomme Hilfe, wenn ich sie brauche.
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Alles in allem kann ich dir nur empfehlen auf klare, deutliche und liebevolle Kommunikation zu setzen und nicht davon auszugehen, dass dein Gegenüber deine Gedanken liest. Außerdem ist es in meinen Augen wichtig Dinge anzusprechen, noch bevor sie sich aufstauen und ausbrechen. So kann alles in Liebe und respektvoll besprochen werden.
Klar ist das Homeoffice eine Herausforderung. Aber für mich gibt es kein Zurück mehr. In der Früh nicht im Stau zu stehen, meine eigenen vier Wände nicht verlassen zu müssen und zuhause arbeiten zu können ist für mich eine Lebensqualität, die ich grundsätzlich nicht mehr missen möchte.
Wie geht’s dir im Homeoffice? Wie geht’s euch als Paar im Homeoffice? Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht? Erzähle mir gerne davon in den Kommentaren – ich bin neugierig!
Danke für’s Lesen
Mit sonnigen Grüßen
Sophie
Wir arbeiten auch schon die 7. Woche zusammen im Home Office. Wir haben aber auch so ein bisschen unser Ritual 🙂 Wir stehen gemeinsam auf und essen auch zusammen zu Mittag. Mein Freund arbeitet aber im Nebenzimmer, während ich am Esstisch im Wohnzimmer arbeite.
Liebe Grüße
Alice von http://www.alicechristina.com
Hi Alicia,
ach, das klingt schön! Ich finde diese gemeinsamen Rituale voll wichtig.
Viel Erfolg noch euch beiden.
LG Sophie
Mega spannender und super ehrlicher Artikel – danke dafür!
Ich würde mein mobiles Home Office auch für nix in der Welt aufgeben, einige deiner Tipps werde ich mir jetzt aber wieder mehr zu Herzen nehmen, danke also für diese großartige Erinnerung.
xxx
jj
Hey! Ach, das freut mich sehr.
Ich finde das klare Abgrenzen von Arbeit und Persönlichem sehr wichtig, besonders im mobilen Homeoffice. Das artet sonst schnell mal aus und leider kommt das Privatleben dann oft zu kurz.
Ich wünsche dir eine ganz wunderbare Zeit
Alles Liebe
Sophie
Liebe Sophie,
ein toller Artikel! 🙂 Ich genieße ebenfalls die Arbeit im Homeoffice, auch wenn ich dort alleine bin. Danke für deine Tipps. 🙂
Viele Grüße
Susanne
Hi Susanne,
herzlichen Dank, das freut mich sehr! Einige der Tipps können auch alleine im Homeoffice relevant sein. Das Büro am abend „schließen“ ist auch alleine ein schönes „Ritual“, um die Arbeitszeit abzuschließen.
Alles Liebe
Sophie
Immer spannend zu hören, wie wir unterschiedlich ticken. Das mit den Zeiten absprechen, finde ich zum Beispiel nicht so wichtig, aber der Arbeitstag war für uns immer unterschiedlich lang. Dafür kann ich zum Thema Kopfhörer und Handy auf Stumm nicht genug Zustimmung geben. Für mich ist wichtig, dass ich mit dem Kopfhörer auch telefonieren kann (ich brauche beide Hände frei). Das habe ich noch von meinem Leben in Großraumbüro (was auch Vorteile hat), wenn die Kopfhörer / Telefonheadset mich durch den Tag gebracht haben. Auch davon kommt das Handy stummschalten. Ich finde es privat als auch geschäftlich supernervig, wenn der Telefon ständig abgeht. Und wenn wer anruft, höre ich es ja eh auf meinem Kopfhörer, clever, nicht?
Danke für den interessanten Beitrag!
LG
Trine von http://www.parsleyofhappiness.com
Hi Trine,
oh ja. Kopfhörer sind echt ein absoluter Gamechanger. Ich hab beim Telefonieren auch gerne beide Hände frei. Ist einfach um so vieles praktischer. 🙂
GLG Sophie